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Samsung Galaxy Watch 5 Pro im Test: Bürohengst statt Extremsportler

Die Galaxy Watch 5 Pro will nicht nur smart sein, sondern auch Abenteurer ansprechen. Kann sie mit Outdoor-Smartwatches konkurrieren?

Galaxy Watch 5 Pro
© Samsung

Samsung hat vor kurzem zwei Versionen seines Smartwatch-Flaggschiffs Galaxy Watch 5 (Samsung schreibt „Watch5“) herausgebracht. Im Gegensatz zu den Vorjahren, in denen es jeweils ein Standardmodell (classic) und eines mit einer physischen Drehlünette gab, verzichtet Samsung auf das physische Zifferblatt und hat stattdessen eine “Pro”-Version vorgestellt. Das „Pro“ steht bei Samsung dafür, dass die Watch 5 Pro besser für Outdoor-Abenteuer geeignet sei als das Standardmodell. Zu diesem Zweck verfügt sie über ein härteres Saphirglas-Display, ein Titanium-Gehäuse und einen größeren Akku. Dazu kommen einige „Pro“-mäßige Software-Funktionen: Dazu zählen die Möglichkeit, GPX-Dateien für die Navigation beim Wandern oder Fahrradfahren zu importieren und sich im Falle eins Orientierungsverlust zurück zum Start lotsen zu lassen.   

Watch 5 Pro am Handgelenk
Die Galaxy Watch 5 Pro hat für eine ausgewiesene Outdoor-Smartwatch ein dezentes Auftreten. © IMTEST

Design und Verarbeitung: Eher schick statt schockfest

Unabhängig macht die Watch 5 Pro optisch alles andere als auf robust, das 45 mm-Titangehäuse mit hochgezogener Lünette hinterlässt vielmehr einen dezenten Eindruck. Laut Samsungs ist es aber doppelt so widerstandsfähig wie das der Samsung Galaxy Watch 4. Darüber hinaus hält die Samsung Smartwatch gemäß IP68-Zertifizierung einer Wassertiefe von mehr als einem Meter über 30 Minuten und maximal 50 Meter Wassertiefe (5 ATM) stand. Nicht berauschend, aber ordentlich.

Bedienung: Zwei Dinge stören

Auffälliger ist dafür der große und helle 1,36 Zoll- Bildschirm, der gut mit der Benutzeroberfläche harmoniert. Die Apple Watch Apple lässt grüßen: Viele Ziffernblätter lassen sich persönlich anpassen und es gibt ein herzförmiges Gegenstück zu den Aktivitätsringen. Anfangs etwas verwirrend: Der obere rechte Knopf scheint keine Funktionen zu haben. Er dient in der Tat lediglich dazu, bioelektrische Körper-Scans durchführen zu können und startet nach längerem Drücken den Sprachassistenten (dazu gleich mehr). Stattdessen erfolgt die Navigation in erster Linie durch Wischen, wobei einen der untere Knopf wieder zurück zum Startbildschirm bringt. Zudem lässt durch Wischen auf dem oberen Teil der Lünette durch die Menüs scrollen, was allerdings mehr schlecht als recht funktioniert. Ebenfalls nicht optimal: Der Bildschirm reagiert nicht immer direkt aufs Anheben des Handgelenks, was vor allem beim Sport nervt.



Noch eine Gemeinsamkeit mit der Apple Watch: Insgesamt sind drei Apps erforderlich. Die Galaxy Wearable-App zum Anpassen und Koppeln, Samsung Health, zum Auswerten der Sport- und Fitnessdaten und ein Watch 5 Plugin, wofür auch immer. Wer kein Samsung-Smartphone hat, muss einige Kompromisse eingehen. So fehlt die Kamera-App auf der Watch 5, sodass sich die Smartwatch nicht als Sucher und Fernauslöser für Fotos nutzen lässt. Auch Health Monitor, eine App für EKG- und Blutdruckmessungen, lässt sich nicht installieren. Folglich stehen diese wichtigen Gesundheitsfunktionen nicht zur Verfügung. Ansonsten funktioniert die Watch 5 Pro auf Android-Telefonen identisch, iPhones bleiben generell außen vor.

Galaxy Watch 5 Pro: Smart statt hart

Generell basiert die Watch 5 Pro auf Google WearOS. Das bedeutet, dass die Smartwatch einerseits einige praktische Google-Dienste wie den Play Store und Maps standardmäßig an Bord hat. Andererseits versucht Samsung an vielen Stellen seine eigenen Dienste in den Vordergrund zu rücken. So kommt als Sprachassistent standardmäßig Bixby statt des Google Assistants und zum mobilen Bezahlen Samsung Pay statt Google Pay zum Einsatz. Auch, wenn sich das ändern lässt, fühlt sich die App-Auswahl dadurch vielmehr wie ein Gemischtwarenladen statt wie ein rundes Erlebnis an. Zudem muss sich der Nutzer bei der Einrichtung bei mehreren Konten anmelden und unfassbar viele Bestimmungen akzeptieren. Gut und schlecht: Samsung hat jede Menge Apps bereits vorinstalliert. Zu der praktischen Sorte zählen dabei aus IMTEST-Sicht das Navigationstool Komoot, der Sportdienst Strava und Spotify, überflüssig sind dagegen eher Samsung Galaxy Buds, Outlook und Global Goals.



Unabhängig davon bietet die Watch 5 Pro direkten Zugang zu Googles Play Store samt einer stattlichen App-Auswahl. Die reicht zwar nicht an den Apple Store heran, das App-Angebot ist aber trotzdem beachtlich. Telefonieren funktioniert ebenfalls gut. Anrufe lassen sich direkt über die Smartwatch aufbauen und Lautsprecher sowie Mikrofon klingen klar und deutlich. Mit der 4G-Version funktioniert das sogar unabhängig vom Smartphone. Auch Nachrichten lassen sich über die Smartwatch beantworten, das funktioniert wahlweise über vorgefertigte Antworten, eine Bildschirmtastatur oder per Diktat.

Gesundheit: Watch 5 Pro ganz vorn dabei

Die Watch 5 Pro bietet eine große Auswahl an Sport- und Gesundheitsfunktionen, einige mehr als das Standardmodell. Exklusiv sind zum Beispiel die Routenfunktionen, konkret die Möglichkeit GPX-Routen zu importieren und mit dessen Hilfe beim Sport zu navigieren. Dabei zeigt die Smartwatch nicht nur eine Karte samt Pfeilen an, sondern liefert sogar akustische Hinweise. Damit nicht genug: Kommt der Träger vom Weg ab, passt sich die Route automatisch an. Nicht schlecht für eine Smartwatch.

Genau wie die Watch 4 verfügt die Watch 5 Pro darüber hinaus über einen sogenannten Bioactive-Sensor, der verschiedene Sensoren für die Messung von Körperwerten vereint, unter anderem Blutdruck, EKG und Sauerstoffsättigung. Darüber hinaus lässt sich durch einen speziellen Test die Zusammensetzung des Körpers analysieren, inklusive Werten zu Knochenmasse, Grundkalorienumsatz, BMI sowie Körperwasser- und Körperfettanteil. Eine Skala zeigt dabei, ob sich die Werte des Trägers in Bezug auf Geschlecht, Größe und Gewicht im grünen Bereich bewegen. Auf den Punkt genau und medizinisch valide sind die Messungen (wie bei Körperfettwaagen) sicher nicht.  Aber es kann nützlich und spannend sein zu verfolgen, wie sich die Werte im Laufe der Zeit durch mehr Sport oder gesündere Ernährung verbessern.

Watch 5 Pro Gesundheitsfunktionen
Geschichten wie die Messung des BMI und die Erfassung von Schlafgeräuschen können nur die Galaxy-Smartwatches. © IMTEST

Sowohl die Watch 5 als auch die Watch 5 Pro verfügen über eine verbesserte Schlaferfassung: Wie bei den meisten intelligenten Fitnessuhren üblich, überwachen sowohl die Watch 5 als auch die Watch 5 Pro Ihren Schlaf in Bezug auf die Zeit, die Sie im Wachzustand, im REM-Schlaf, im leichten Schlaf und im Tiefschlaf verbringen, und bieten Ihnen eine Gesamt-Schlafbewertung”. Die Uhren messen auch regelmäßig den Sauerstoffgehalt im Blut und überwachen Ihr in Kombination mit einem Smartphone Schnarch-Geräusche.

Watch 5 Pro Sport: Es reicht nicht fürs Podest

Beim Sport macht die Watch 5 Pro allerdings nur eine durchwachsene Figur. Das GPS arbeitet nicht so genau wie andere Smartwatches mit Multiband GPS und auch die Pulsmessungen fielen nicht immer akkurat aus. Nicht zuletzt fehlen Auswertungen zu Trainingsintensität und Belastungssteuerung. Immerhin liefert die Watch 5 Pro erweiterte Laufmetriken wie vertikale Oszillation (ob Sie beim Laufen mehr auf und ab hüpfen, anstatt sich vorwärtszubewegen) und der Stabilität des Oberkörpers. Trotzdem: Kurzum: Für Fitness und Sport gibt es bessere Smartwatches.

Galaxy Watch 5 Pro Sportauswertung
Bei der Auswertung von Sportaktivitäten bietet Samsung nur Durchschnittskost. Zudem gibt es Ungenauigkeiten bei der Positionserfassung per GPS (siehe rechts). © IMTEST

Akkulaufzeit: Besser, aber nicht gut

Auf dem Papier bietet die Watch 5 Pro einen 60 % größeren Akku als die Watch 4 (590 statt 410 mAh). In der Praxis dauert es je nach Anwendung rund zwei bis drei Tage, bis die Uhr wieder nach dem Netzteil ruft. Im GPS-Betriebs ist nach rund 12 Stunden Schluss. Das ist deutlich besser als bei der Watch 4 und ein großer Fortschritt – richtig gut ist die Akkulaufzeit im Vergleich zu vielen echten Outdoor-Smartwatches aber trotzdem nicht. Nur zum Vergleich: Eine Garmin Fenix 7 hält bis zu 20 Tage und beim Sport bis zu 29 Stunden durch.

Fazit

„Eine Smartwatch für deine Fitness Ziele“ – so preist Samsung die Galaxy Watch 5 Pro auf seiner Internetseite an. Das Versprechen kann Samsung nicht halten. Denn Ziele lassen sich aufgrund der mangelnden Funktionen rund um Trainingsplanung mit ausgewiesenen Sportuhren deutlich besser realisieren. Auch in Sachen Akkuausdauer und Messgenauigkeit gibt es bessere Alternativen. Unabhängig davon hat die Watch 5 Pro durchaus ihre Qualitäten: Der Bildschirm ist schick, die smarten Qualitäten top und vor allem der Bio-Sensor bleibt bislang ein Alleinstellungsmerkmal. Kurzum: Die Watch 5 Pro ist sicher nicht die erste Wahl für Triathleten und Extremwanderer. Wochenend-Sportler, die eine robuste, smarte Lifestyle-Uhr suchen, können dagegen getrost zuschlagen.  

  • PRO
    • Sehr gute Navigations- und Gesundheitsfunktionen.
  • KONTRA
    • Durchwachsene Fitness-Features.

IMTEST Ergebnis:

gut 2,1

Nils Matthiesen

Testet als freier Mitarbeiter für IMTEST schwerpunktmäßig IT-Produkte, wie Notebooks und Computerzubehör. Auch Wearables, wie Sportuhren und Ohrhörer gehören in sein Test-Repertoire. Seit mehr als 20 Jahren arbeitet Nils Matthiesen als Technik-Journalist: Anfangs als fester Redakteur beim Computerverlag Data Becker (u.a. PC Praxis), später als selbständiger Journalist für Verlage wie Axel Springer (Computerbild), Spiegel und Handelsblatt. Neben Technik nimmt vor allem Sport viel Raum im Leben des Familienvaters ein. Sie erreichen ihn via E-Mail.