Wer viel mit dem Fahrrad unterwegs ist, kennt das hohe Gefahrenpotenzial gerade in Städten. Mit dem Varia RCT716 kombiniert Garmin erstmals Rücklicht, Radar und Dashcam – und verspricht damit ein neues Sicherheitslevel auf dem Rad. Für dieses Extra verlangt der Hersteller allerdings einen stattlichen Aufschlag. Ob sich der lohnt und wo die Vor- und Nachteile des kleinen Geräts liegen, klärt der Test.
Radar mit Dashcam für Radfahrer: Das leistet das Gerät
Die wichtigste Funktion des Varia RCT716 ist und bleibt das Radar, wie man es schon vom Garmin Varia RTL516 kennt. In Kombination mit einem Smartphone, einem tauglichen Fahrradcomputer (etwa von Wahoo, Hammerhead oder dem Garmin Edge 1050) oder einer kompatiblen Smartwatch (etwa Garmin Fenix 8 oder Epix) signalisiert und zeigt das Varia RCT716 in einer Distanz von bis zu 140 Metern sich von hinten nähernde Fahrzeuge an. In Kombination mit einem Garmin Edge Explore 2 werden zum Beispiel die vom Varia erkannten Objekte als weiße Punkte auf orangefarbenem Hintergrund angezeigt. Nähert sich ein Fahrzeug mit hoher Geschwindigkeit, färbt sich der Hintergrund rot, fährt es vorbei, wechselt die Farbe in Grün. Zusätzlich ertönt bei der ersten Erfassung ein Warnsignal, was sich aber abschalten lässt.

Varia RCT716: Radar arbeitet zuverlässig
Das Radar erspart in vielen Situationen den Blick nach hinten, was nicht nur bei schnellen Abfahrten ungemein praktisch ist. Das System arbeitet dabei äußerst zuverlässig. Den Schulterblick beim Abbiegen ersetzt es allerdings nicht. Denn fährt ein Fahrzeug in derselben Geschwindigkeit hinter dem Fahrrad her, wird es nicht erkannt, allein schnellere Objekte erfasst das Radar. Hundertprozentig darf man sich aufs Radar nicht verlassen.
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Garmin Varia RCT716: Die Dashcam
Die meisten Unfälle entstehen bei Fahrradfahren im Zusammenhang mit Autos. Dabei ist die Schuldfrage nicht immer eindeutig zu klären. Die ins Varia RCT716 eingebaute Dashcam ermöglicht Audio- und Videoaufnahmen und soll daher die Sicherheit nochmals verbessern. Einmal aktiviert, läuft die Kamera permanent und speichert entweder per Knopfdruck, über Schaltflächen in der Varia-App oder automatisch nach Erkennung eines Sturzes das potenzielle Beweismaterial. Die Videos haben eine Länge von 1:30 Minuten (vor, während und nach dem Ereignis) und weisen einen Blickwinkel von 220 Grad sowie eine Auflösung von 1080p auf.
Videos besser am PC sichten
Die Anzeige und der Import des Videomaterials erfolgt wahlweise per Varia-App auf dem Smartphone oder mithilfe eines USB-C-Kabels am Computer. Am Smartphone gestaltet sich das zeitaufwendig. Obwohl die Verbindung über ein vom Varia erzeugtes WLAN aufgebaut wird, dauert das Anschauen und Übertragen von Videos meist mehrere Minuten. Am PC funktioniert es dagegen deutlich flotter.

Videoqualität durchwachsen
Im Vergleich zu modernen Smartphones oder Action-Cams fällt die Videoqualität des Varia RCT716 deutlich ab. Das liegt nicht nur daran, dass ein Bildstabilisator fehlt, die Aufnahmen fallen zudem ausgesprochen unscharf aus. Die Videos wirken dabei teilweise so fransig, dass es sogar oft nicht einmal möglich ist, Kennzeichen zu identifizieren. Dazu müssen Autos schon sehr nah an der Kamera vorbeifahren. Bei Dunkelheit wird es noch schwieriger, Details auszumachen. Auch die Fahrer lassen sich in der Regel durch spiegelnde Scheiben nicht identifizieren.

Rechtlich heikel: Audioaufnahmen
Dazu kommt, dass der Varia RCT716 systembedingt nur Situationen aufzeichnet, die hinter dem Fahrrad geschehen. Wenn einen Fahrradfahrer also ein Auto von der Seite rammt, die Vorfahrt nimmt oder die Autotür in den Weg stellt, liefern die Aufnahmen kein Beweismaterial. Wie oft es in der Praxis vorkommt, dass ein Auto, das von hinten kommt, einen Unfall verursacht? Wahrscheinlich eher selten. Fraglich ist außerdem, dass Garmin die Audioaufnahme standardmäßig aktiviert. Das kann laut dem Verkehrsrechtsexperten Dr. Michael Nugel zum Problem werden (siehe Interview unten).
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Fazit: Garmin Varia RCT716 – Eine Empfehlung für Vielfahrer
Die Radar-Funktion des Varia RCT716 ist klasse. Vor allem für Rennrad- und Tourenfahrer ist die Funktion fast schon ein Muss. Der Nutzen der Dashcam bleibt dagegen zweifelhaft, dazu ist das Einsatzgebiet zu beschränkt. Obendrein verdoppeln sich im Vergleich zur Ohne-Dashcam-Version RTL516 Kosten und Gewicht.
- PRO
- Erstklassige Radar-Funktion, helles Rücklicht.
- KONTRA
- Hoher Preis, hohes Gewicht.
Imtest Ergebnis:
gut 2,3
Dieser Test wurde vollständig oder in Teilen vor dem 1.1.2025 durchgeführt und folgt noch nicht dem IMTEST-Bewertungsverfahren 2025. Eine Aktualisierung erfolgt in Kürze und kann ggf. zu geringfügigen Änderungen von Noten und/oder Platzierungen führen.
Alternative zum Garmin Varia RCT716: Ist das Garmin RTL516 besser?
Das Garmin Varia RTL516 hat zwar keine Dashcam, kommt jedoch mit Radar-Funktion. IMTEST erklärt die Unterschiede, sowie Vor- und Nachteile.
- Gewicht: Der neue Varia RCT716 misst 42 x 106 x 30 Millimeter und wiegt 146 Gramm. Der RTL516 misst dagegen nur 39 x 98 x 20 Millimeter und wiegt 70 Gramm. Die Dashcam bringt also ein Mehrgewicht von 76 Gramm auf die Waage. Objektiv nicht viel, vor allem aber für Rennradfahrer sehr viel, die auf jedes Gramm achten.
- Akkulaufzeit: Die Akkulaufzeit des Varia hängt von einer Reihe von Faktoren ab, etwa von der Videoqualität (720 oder 1080p), der Häufigkeit, mit der das Radargerät ein sich näherndes Fahrzeug erkennt und die Daten an ein Gerät sendet, sowie davon, wie häufig und wie lange ein Videoclip aufgezeichnet wird. In der Regel sind knapp 5 Stunden Laufzeit drin. Der RTL516 schafft dagegen bis zu 9 Stunden.
- Preis: Für die Dashcam-Funktion verlangt Garmin einen Aufpreis von 200 Euro. Konkret listet das Unternehmen den Varia RCT716 mit einer UVP von 399,99 Euro und den RTL516 mit 199,99 Euro.
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Interview mit Dr. Michael Nugel, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht
Was bringt eine Dashcam fürs Fahrrad aus Sicht eines Rechtsanwalt für Verkehrsrecht? IMTEST fragte Dr. Michael Nugel.

IMTEST: Was bringen mir die Aufnahmen einer Dashcam im Streitfall?
Dr. Michael Nugel: Grundsätzlich lassen sich Dashcam-Aufnahmen wie von der Varia RCT716 in einem Zivilprozess nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2018 als Beweismittel vom Gericht verwerten. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Kamera in einem Auto oder an einem Fahrrad befestigt ist. Ob ein Dashcam-Video allerdings als Beweismittel verwendet werden darf, muss in jedem Einzelfall geprüft werden. Lässt das Gericht die Aufnahmen als Beweismittel zu, können diese dabei helfen, Tatvorgänge zu klären und eventuell Schadensersatzansprüche zu begründen.
IMTEST: Muss auf den Aufnahmen der Fahrer zu sehen sein? Oder reicht das Nummernschild?
Dr. Michael Nugel: Für eine zivilrechtliche Haftung genügt das Kennzeichen, da der Halter verantwortlich ist.
IMTEST: Können Nutzer mit den Aufnahmen im Fall der Fälle einfach zur Polizei marschieren?
Dr. Michael Nugel: Theoretisch ja. Ich würde aber davon abraten, bei einer bloßen Ordnungswidrigkeit wie z.B. dem Nichteinhalten des Mindestabstands direkt zur Polizei zu gehen und Anzeige zu erstatten – selbst, wenn ich den Vorgang auf Video habe. Anders sieht es bei schweren Verkehrsstraftaten wie einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr aus.
IMTEST: Der Garmin Varia RCT716 zeichnet neben Video auch permanent Audio auf. Ist das zulässig?
Dr. Michael Nugel: Bereits eine Aufnahme, die fortlaufend gespeichert und erst später wieder überschrieben wird, ist datenschutzrechtlich problematisch. Wenn dann auch noch ein Gespräch heimlich abgehört wird, verletzt dies das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen, ist datenschutzrechtlich i.d.R. unzulässig und kann im Einzelfall – z.B. wenn die Aufnahme veröffentlicht wird – auch eine Straftat darstellen. Am besten ist es daher in der Varia-App die Audioaufnahme zu deaktivieren.
IMTEST: Für wie sinnvoll halten Sie persönlich eine Dashcam für Fahrradfahrer, die nur das Geschehen hinter dem Fahrer aufzeichnet?
Dr. Michael Nugel: Das ist schon sinnvoll. Zwar deckt die Kamera nur 50 Prozent des Sichtfelds ab, aber diese Aufnahme kann in bestimmten Situationen entscheidend sein – zum Beispiel bei Auffahrunfällen. Dazu kommt: Anhand der Aufnahmen lässt sich unter Umständen beweisen, dass der Fahrradfahrer sich in Unfallsituationen korrekt verhalten hat und beispielsweise nicht zu schnell oder in der Fahrbahnmitte gefahren ist.
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