Bei den meisten In-Ear-Kopfhörer, beispielsweise den Sennheiser Momentum TW3, den JBL Tour Pro 2 oder den Bowers & Wilkins Pi7 S2 handelt es sich um geschlossene Modelle. Sie sind so konstruiert, dass sie das Ohr vollständig abdichten und Geräusche von außen abschirmen. Dies kann dazu beitragen, unerwünschte Umgebungsgeräusche zu reduzieren und die Konzentration auf die Musik zu erhöhen. Offene In-Ear-Kopfhörer, prominentestes Beispiel sind sicher die Apple Airpods, schirmen dagegen das Ohr nicht vollständig ab, sondern lassen einen Teil der Außengeräusche durch. Viele Menschen empfinden das als angenehmer. Auch gefällt ihnen der Komfort und der Style besser. Problematisch an der offenen Bauweise ist jedoch, dass darunter oft der Klang leidet, insbesondere die Bässe bleiben auf der Strecke. JBL will das Gegenteil beweisen und mit den Live Flex das Beste aus beiden Welten verbinden. Ein bequemes „Stick-Open-Design“, besten Sound sowie Abschirmung auf Wunsch durch aktive Geräuschunterdrückung. Wie gut das gelingt, zeigt der Test.
Produktdetails
- Preis: 179,99 Euro
- Akkulaufzeit: 6,5 Stunden mit ANC
- Nach IP54 vor Spritzwasser geschützt
JBL Live Flex: Airpods Killer?
Für die JBL Live Flex, die mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von 180 Euro auch preislich in direkter Konkurrenz zu Apples Airpods 3 stehen, verspricht JBL ein “perfektes HiFi-Hörerlebnis für unterwegs mit tiefem Bass und JBL Signature Sound” und dazu True Adaptive Noise Cancelling, das “Geräusche und Störungen in Echtzeit eliminiert”. Auch die Form ähnelt den Airpods, obwohl das Design deutlich konventioneller ausfällt.
In einem Punkt hat JBL auf jeden Fall Recht: Offene In-Ears oder “Stick-Open-Ohrhörer”, wie JBL sie nennt, sind bequemer als geschlossene In-Ears. Das gilt aber nur, wenn sie perfekt sitzen. Perfekter Sitz ist darüber hinaus Voraussetzung für guten Klang und funktionierende Geräuschunterdrückung. Doch ob sie richtig sitzen ist bei den JBL Live Flex – wie auch bei den Apple Airpods – Glückssache. Denn anders als der Name vermuten lässt, sind sie alles andere als flexibel. Schließlich gibt es keine Silikonaufsätze in verschiedenen Größen, mit denen sich die Stöpsel ans Ohr anpassen lassen. Entweder passen die JBL Flex Live oder nicht. Tendenziell sind sie für größere Ohren prädestiniert.
JBL Live Flex: Muss sitzen
Wenn sie gut im Ohr sitzen, ist der Klang für die offene Bauweise tatsächlich ansprechend. Die JBL Live Flex haben große 12-mm-Treiber, und das hört man bei der Musikwiedergabe deutlich. Der Klang ist sehr dynamisch und zeigt ein Harman typisches Klangprofil, mit einer starken Betonung der Höhen und Tiefen, ohne die Mitten und Stimmen zu unterdrücken. Darüber hinaus ist eine individuelle Anpassung über eine Art Hörtest möglich, bei dem die App Töne in verschiedenen Höhen an- und abschwellen lässt. Dazu hält man den Finger so lange auf das Display des Smartphones, bis man nichts mehr hört. JBL nennt diese Funktion Personi-Fi 2.0-Technologie.
Zusätzlich lässt sich in der App “JBL Headphones” die Funktion „Spatial Audio“ aktivieren, das einfachen Stereoklang in Raumklang mit ordentlich Weite umwandelt. Dabei haben Nutzer die Wahl zwischen Musik, Film und Gaming . Nicht zuletzt können Nutzer durch die Funktion “Smart Audio & Video” zwischen besserer Audioqualität und niedrigerer Latenz wählen.
Tolle App und gute Ausdauer
Apropos App: Neben den genannten Funktionen bietet die App eine Reihe weiterer praktischer Funktionen. So kann man zum Beispiel den Live Flex suchen, wenn man ihn verlegt hat. Außerdem ist es möglich, die (gut funktionierende) Steuerung grob an die eigenen Bedürfnisse anzupassen, die Balance zwischen rechtem und linkem Kanal zu regeln, die automatische Wiedergabe ein- und auszuschalten und vieles mehr. Alles in allem eine sehr gelungene App.
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JBL Live Flex: Schwachstelle ANC
Nicht wie versprochen funktioniert allerdings die aktive Geräuschunterdrückung (ANC). Zwar ist ein gewisser Effekt beim Einschalten zweifellos vorhanden, dieser ist aber wesentlich geringer als bei Kopfhörern, die zusätzlich über eine passive Lärmunterdrückung verfügen. JBL kann hier die Physik nicht austricksen. Fluglärm ist z.B. immer noch deutlich wahrnehmbar, ebenso das Geräusch eines Staubsaugers. Dass sich die Stärke wahlweise manuell einstellen oder automatisch adaptiv anpassen lässt, macht wenig Sinn. Wenn es überhaupt etwas bringen soll, muss ANC mit Vollgas arbeiten.
Gut dagegen: Die JBL Live Flex halten mit eingeschalteter Geräuschunterdrückung rund sechseinhalb Stunden durch, ohne ANC sogar bis zu acht Stunden. Das kompakte Ladecase, das per USB-C oder kabellos aufgeladen werden kann, packt noch drei bis vier Ladungen obendrauf. Kurzum: Die Akkuleistung kann sich sehen lassen. Zu den Pluspunkten zählen auch die insgesamt sechs Mikrofone, die selbst in lauten Umgebungen eine ordentliche Gesprächsqualität ermöglichen. Zudem unterstützen die JBL Live Flex dank Bluetooth 5.3 die Funktion Multipoint, so dass Nutzer zwei Geräte gleichzeitig verbinden können.
Fazit
Die JBL Live Flex sind wie ein eng geschnittener Anzug von der Stange: Passt er, ist alles in Ordnung. Wenn nicht, hat der Kauf keinen Sinn. Leider lassen sich In-Ears nicht so einfach wie Kleidung anprobieren, denn manch Händler lehnt die Rückgabe von „Hygieneartikeln“ nach dem Ausprobieren ab. Unabhängig davon punkten die JBL Live Flex in nahezu allen Kategorien. Sie bieten guten Klang, lange Ausdauer, eine gelungene App und einfache Bedienung. Wer allerdings großen Wert auf beste Geräuschunterdrückung legt, ist mit den JBL Live Flex schlecht beraten.
- PRO
- Bequem, guter Klang, lange Ausdauer.
- KONTRA
- Schwache Geräuschunterdrückung, passen nicht in jedes Ohr.
IMTEST Ergebnis:
gut 2,2