Dicke Luft macht schlechte Laune. Gemeint sind hier aber nicht Streit und Zank. Es ist die üble Luft, bei der man sofort die Nase rümpft, wenn man einen Raum betritt. Erster Reflex: Durchlüften. Was kaum einer weiß: Das kann die Luft sogar verschlechtern. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO sterben jährlich bis zu 3,8 Millionen Menschen durch Luftverschmutzung in Innenräumen. Manche Schadstoffe gelangen durchs offene Fenster überhaupt erst in die Wohnung. Durchlüften ist also wichtig, genügt aber nicht. Hier setzen Luftreiniger an, die schädliche Stoffe aus der Luft filtern.
Aber welche Schadstoffe überhaupt? Und wie gefährlich sind sie? IMTEST hat mit Dr. Stefan Schumacher, promovierter Physiker im Bereich Luftreinhaltung und Filtration am Institut für Energie- und Umwelttechnik e.V. in Duisburg, gesprochen.
„Luftreiniger ersetzen nicht, aber ergänzen das Lüften, indem sie Schadstoffe entfernen.“

IMTEST: Was bedeutet eigentlich der Begriff Aerosol und was hat der mit Grippe, Corona und Erkältungen zu tun?
Dr. Stefan Schumacher: Ein Aerosol ist ein Gemisch aus einem Gas und darin schwebenden festen oder flüssigen Partikeln. So bezeichnen wir zum Beispiel ein Aerosol aus Wassertröpfchen in Luft als Nebel. Dieses Beispiel zeigt schon, dass Aerosole nicht grundsätzlich gesundheitsschädlich sind.
Es gibt jedoch viele Aerosole, die negative gesundheitliche Auswirkungen haben. So können ausgeatmete Tröpfchen Krankheitserreger wie Viren oder Bakterien enthalten und Infektionen auf dem Luftweg übertragen. Aber auch Pollen in der Luft bilden ein Aerosol, auf das viele Menschen allergisch reagieren. Und auch durch den Verkehr, die Industrie oder alltägliche Prozesse im Haushalt wie Kochen oder das Abbrennen von Kerzen entstehen Partikel, die wir allgemein als Feinstaub bezeichnen.

Es ist schon lange bekannt, dass diese beim Einatmen negative Auswirkungen unter anderem auf die Lunge und das Herz-Kreislauf-System haben, auch wenn wir das nicht direkt merken.
IMTEST: Welche Maßnahmen können vor Infektionen schützen?
Dr. Stefan Schuhmacher: Abstände und Masken können nach wie vor direkte Infektionen zwischen zwei Personen verhindern. Noch problematischer sind aber die sogenannten indirekten Infektionen: Ausgeatmete Viren können sich in schlecht gelüfteten Räumen über viele Stunden in der Luft halten. So kann eine infizierte Person sehr viele andere Personen anstecken. Das Risiko lässt sich durch regelmäßiges Lüften oder das Reinigen der Luft deutlich reduzieren.
IMTEST: Wie säubert ein Luftreiniger die Raumluft?
Dr. Stefan Schuhmacher: Die meisten Luftreiniger verwenden Vliesstofffilter (häufig auch als HEPA-Filter bezeichnet). Diese scheiden auf ihren feinen Fasern Partikel wie Viren, Bakterien, aber auch Pollen und allgemeinen Feinstaub aus der Luft ab.

Sind die Partikel einmal aus der Luft entfernt und im Filter eingebunden, haben sie keine negative Folgen mehr. Entscheidend ist aber nicht ausschließlich eine hohe Filtereffizienz, sondern dass der Luftreiniger auch ausreichend Luft umwälzt. Nur so kann ein Großteil der Partikel in möglichst kurzer Zeit den Filter passieren.
IMTEST: Verhindern Luftreiniger also Infektionen?
Dr. Stefan Schuhmacher: Luftreiniger bieten allein keine vollkommene Sicherheit, da sie zum Beispiel keine direkten Infektionen verhindern können. Hier sind Sicherheitsabstände und Masken jedoch sehr wirksam. Zudem sind Luftreiniger kein Ersatz fürs Lüften, da sie die verbrauchte Luft nicht gegen frische austauschen. Aber in Kombination mit einem guten Lüftungskonzept können sie das Infektionsrisiko weiter senken, indem sie kontinuierlich Schadstoffe aus der Luft entfernen.

Ein großer Vorteil ist, dass dies auch bei Hitze, Kälte, Regen, Sturm oder Straßenlärm funktioniert, wo das Lüften oft nur eingeschränkt möglich ist. Somit eignen sich Luftreiniger insbesondere als Ergänzung für Räume, in denen sich viele Personen lange aufhalten, wie Klassenzimmer oder Besprechungsräume.
IMTEST: Vielen Dank für das Interview!


