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Laufen in der Dunkelheit hat einen besonderen Reiz

Wer früh zur Arbeit muss und dennoch gerne etwas für sich tun möchte, sieht vielleicht erstmal schwarz. Es ist länger dunkel draußen, was aber kein Grund ist, nicht laufen zu gehen. Unser Kolumnist findet sogar, dass es kaum eine bessere Zeit gibt.

© Unsplash / Nick Fisher

Werde ich gefragt, warum ich regelmäßig laufe, gibt es natürlich viele Gründe, die ich nennen kann. Besonders wichtig ist für mich die Tatsache, dass ich durch das Laufen gelernt habe, mich besser zu fokussieren. Bin ich zum Beispiel im Job unkonzentriert, schnüre ich gerne die Laufschuhe. Der Sport hilft mir, wieder das Wesentliche zu erkennen, und mich darauf zu konzentrieren. Ich kann während eines Laufs alle anderen Gedanken wegblenden, um mich nur auf die Strecke zu konzentrieren. Gerade lange Läufe, oder gar Marathon-Challenges sind eine perfekte Übung für den Tunnelblick. Man wird quasi eins mit dem Körper, und hört nur noch auf ihn. Volle Konzentration. Das sind die Momente, in denen man nur bei sich selbst ist. Ein Effekt, der wahnsinnig gesund ist.



Zu dunkel gibt’s nicht

Das Problem am Herbst ist, spätestens wenn die Uhr auf Winterzeit gestellt wird: Steht man am Morgen auf, ist es dunkel. Kommt man von der Arbeit, dasselbe Bild: Dämmerung oder einfach duster. So richtig motivierend ist das nicht. Wenn dann noch Kälte und Nässe dazu kommen, ist man eventuell doch geneigt, auf der Couch zu bleiben oder im besten Fall noch eine Runde im Fitnessstudio zu drehen. Raus an die frische Luft, einen Lauf im Dunkeln zu machen, fällt dann vielen eher schwer. Sicher spielt auch Angst eine Rolle. Alleine durch den Wald in der Finsternis ist nicht unbedingt jedermanns Sache. Zudem – und das ist wirklich ein Faktor – steigt natürlich ein wenig das Risiko, sich bei einem dunklen Morgen oder Abendlauf zu verletzen.

Meine ersten Läufe in der Dunkelheit waren eher Stolper-Läufe. Ich bin per se ein wenig gefährdet, weil ich oft keine Lust habe, auf meine Füße zu achten. Ich will einfach nur laufen, und nicht ständig auf jede kleine Stelle auf dem Weg achten. Zunächst einmal gibt es heute kein echtes Argument mehr gegen das frühe oder späte Laufen. Inzwischen gibt es ein unfassbar großes Angebot an Stirnlampen in vielen Ausführungen und Helligkeitsstufen. Diese kleinen Helfer leuchten wirklich jede Strecke richtig gut aus. Einige Modelle haben sogar eine Rückleuchte, die rot aufleuchtet oder blinkt, so wird man von jedem Auto gesehen, wenn man denn an der Straße laufen muss.

Der besondere Kick

Lange fand ich diese Lampen ziemlich unsexy und es fühlte sich nicht gut an, sie zu tragen. Am Anfang war die Stirnlampe ein Helfer, der eben Mittel zum Zweck war. Es gibt Modelle, die einfach zu schwer und unhandlich sind, die zu viele Kabel haben, die fürs Laufen nicht wirklich geeignet sind. Deshalb der Tipp: Wenn Sie mit so einem Gerät liebäugeln, gehen Sie unbedingt in einen Laufladen, und lassen Sie sich hier beraten. Fast jeder Hersteller hat sich inzwischen auf den Läufermarkt eingestellt, und so gibt es kleine, leichte Lampen, die man kaum spürt.

Eine Frau läuft in der Dunkelheit vor der Skyline einer Stadt.
Unser Kolumnist liebt es, morgens früh in der Dunkelheit zu laufen © Unsplash / Zac Ong

Was mich am Anfang störte, ist heute eine kleine Leidenschaft geworden. Ich liebe es, früh am Morgen im Wald zu laufen. Die Stirnlampen kann man meist so einstellen, dass der Lichtkegel sehr eng ist. Man hat das Gefühl wie durch einen mit Licht gefluteten Tunnel zu laufen. Man nimmt alles außerhalb dieses Kegels kaum wahr, und läuft gefühlt immer tiefer in und durch diesen Tunnel hindurch. Und doch hört man natürlich, was um einen herum ist. Man konzentriert und fokussiert sich jedoch nur auf das, was vor einem liegt. Die Konzentration ist auf der Strecke. Man muss genau sehen, wo man den Fuß hinsetzt. Der Körper ist dabei eher angespannt und angeregt, wach ist man eigentlich sofort. Muss man auch, um nicht recht schnell auf dem Boden zu liegen. Dieser Adrenalin-Kick hat einen kleinen Sucht-Faktor, das gebe ich zu.

Lernen, den Fokus zu setzen

Dieser Licht-Tunnel ist nicht nur ein lustiger Kick, er ist das perfekte Training, sich im Alltag wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren. Wenn man diese Läufe regelmäßig absolviert, lernt man währenddessen immer mehr, den Fokus zu setzen. Auf das, was vor einem liegt, nicht nach links oder rechts zu sehen, alles wahrzunehmen, aber doch das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. In unserer Welt wird genau das immer wichtiger, finde ich. Inflation, Kriege, Angst vor der eigenen Existenz, auf uns prasselt ganz schön viel ein. Da ist es zu normal, dass man den Boden unter den Füßen verliert, dass man sich verliert, und die Ziele, die man sich gesetzt hat. Wir müssen eventuell mehr tun, um wieder klarzukommen. Um uns zu spüren, um unseren Fokus wieder zu finden. Es mag an dieser Stelle banal klingen, aber eine simple Stirnlampe kann Wunder bewirken. Versuchen Sie es einfach einmal!

Porträt des IMTEST-Lauf-Experten Mike Kleiß

Mike Kleiß ist leidenschaftlicher Läufer, besonders Ultra-Marathons haben es ihm angetan. Er ist Experte für Fitness, Gesundheit, Ernährung und Mental Health. Täglich ist er mit seinen Hunden in der Natur, er ist Gründer und CEO der Kommunikationsagentur GOODWILLRUN, und erfolgreicher Podcaster. Zusammen mit IMTEST-Chefredakteur Axel Telzerow ist er Host des beliebten Podcasts „Echte Vaddis“, bei IMTEST.de schreibt er jede Woche seine Kolumne „Gesünder Leben – endlich richtig fit!“