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Im Interview: Ernährungs-Doc Dr. Matthias Riedl zu Körperfettwaagen

Körperfettwaagen können helfen, unter anderem Wasser-, Muskel- und Fettwerte im Blick zu behalten. Sie ersetzen aber keineswegs die professionelle BIA-Messung.

Vier Waagen auf einem Holzuntergrund liegend, dazu ein rundes Foto mit rotem Rahmen von Dr. Matthias Riedl
© Thorsten Ahlf / Funke Foto Services / IMTEST / Kathrin Schräer

Wenn es um das Thema gesunde Ernährung geht, kommt man an ihm derzeit nicht vorbei: Dr. Matthias Riedl. Der sympathische Hamburger ist in erster Linie Internist, Ernährungsmediziner, Diabetologe, sowie ärztlicher Leiter des Medicum Hamburg. Darüber hinaus gibt er Ernährungstipps und Hilfestellungen in seiner TV-Sendung “Die Ernährungs-Docs” sowie in Büchern, Podcasts und mithilfe seiner App “myFoodDoctor”.

Fest steht: Ausgewogene Ernährung und Sport sind der Schlüssel für einen gesunden Körper. Doch laut einer Statistik sind 40 Prozent der deutschen Frauen und 60 Prozent der Männer übergewichtig. Betroffene, die das ändern möchten, können zum Beispiel eine Körperfettwaage als Motivation beim Abnehmen zur Hilfe nehmen. IMTEST hat jüngst fünf aktuelle Modelle getestet. Dabei haben die Tester herausgefunden, dass die Messdaten mit den im Labor genommen Werten nicht immer übereinstimmen. Warum es Ungenauigkeiten gibt und wie eine Körperfettwaage trotzdem helfen kann, hat IMTEST Dr. Matthias Riedl gefragt.



Körperwerte im Blick behalten

IMTEST: Warum ist es wichtig, regelmäßig sein Gewicht sowie seinen BMI, Fett-, Wasser- und Muskelanteil zu überprüfen beziehungsweise im Blick zu behalten?

Dr. Matthias Riedl: Die Erhebung verschiedener Messwerte wie Gewicht, BMI, Körperfett-, Wasser- und Muskelanteil ist vor allem bei paralleler Beratung relevant für eine all umfängliche Gesundheitsüberwachung. Sie ermöglichen einen Überblick und bildet eine notwendige Basis, um entsprechende Maßnahmen für den Patienten/Klienten zu formulieren, die seinen Bedürfnissen entsprechen. 

Portrait Dr. Matthias Riedl, grauer Hintergrund, er stützt sich auf einem grünen Quadrat ab, auf dem ein "D" steht
“Durch eine regelmäßige Kontrolle dieser Variablen ist es uns möglich, gezielte Anpassungen in der Ernährung bzw. in der laufenden Ernährungstherapie vorzunehmen, aber auch gesundheitliche Risiken frühzeitig zu identifizieren.”Dr. Matthias Riedl, Ernährungsmediziner, Diabetologe & ärztlicher Leiter des Medicum Hamburg

Das Körpergewicht bietet eine erste Orientierung, ist jedoch geprägt von natürlichen Schwankungen durch Wassereinlagerungen, Muskelaufbau oder Fettverlust. 
Der Body-Mass-Index (BMI) fungiert als Richtwert zur Gewichtsklassifikation und Bedarfsberechnung. Eine individuelle Körperzusammensetzung wird hier aber nicht berücksichtigt, weshalb man ihn durchaus mit Vorsicht betrachten kann.

Stark relevant ist der Körperfettanteil, da hier ein erhöhter Wert z.B. auf metabolische Erkrankungen, oder kardiovaskuläre Erkrankungen hinweisen kann. Ein zu niedriger Fettanteil hingegen kann evtl. hormonelle und/oder immunologische Nachteile mit sich bringen.

Blick auf eine Körperfettwaage, Füße im Anschnitt
Körperfettwaagen können dem Nutzer hilfreich Tendenzen liefern. © IMTEST / Kathrin Schräer

Der Wasseranteil des Körpers bietet eine Erfassung unseres Hydratationsstatus. Das bedeutet, die Werte können helfen diesbezüglich Ungleichgewichte oder Defizite zu erkennen. Damit gemeint ist beispielsweise eine Dehydratation oder auch Wassereinlagerungen. 

Die Muskelmasse spielt vor allem bei Gewichtsabnahmen eine entscheidende Rolle, da eine Reduktion der Muskelmasse auch mit einer fehlerhaften Gewichtsabnahme einhergehen kann. Hier können Verlaufskontrollen frühzeitig zeigen, dass der Ansatz der Diät z. B. fehlerhaft sein könnte. Aber auch außerhalb dessen sind die Werte notwendig, um beispielsweise rechtzeitig Muskelabbau im Alter zu erkennen oder aber auch um den Stoffwechsel eines Klienten/Patienten einordnen zu können. 

Durch eine regelmäßige Kontrolle dieser Variablen ist es uns möglich, gezielte Anpassungen in der Ernährung bzw. in der laufenden Ernährungstherapie vorzunehmen, aber auch gesundheitliche Risiken frühzeitig zu identifizieren.



Körperfettwaage liefert Tendenzen, weniger absolute Werte

IMTEST: Körperfettwaagen geben aus verschiedenen Gründen oft nicht so genaue Messergebnisse aus wie eine BIA-Messung (= Bioelektrische Impedanzanalyse) im Labor. Empfehlen sie trotzdem derartige Waagen, wenn jemand Gewicht verlieren möchte?

Mann liegt auf einer Liege in einem Arztzimmer, hat Elektroden an Arm und Fuß
Bei der sogenannten Bioelektrische Impedanzanalyse werden dem Patienten Elektroden an Hand und Bein angelegt, damit eine präzise Messung stattfinden kann. © IMTEST / Kathrin Schräer

Dr. Matthias Riedl: Die Bioelektrische Impedanzanalyse ist eine anerkannte und verlässliche Methode zur Messung der Körperzusammensetzung, die in klinischen und sportwissenschaftlichen Kontexten gerne und viel genutzt wird. Körperfettwaagen hingegen sind in vereinfachter Ausführung für die Selbstanwendung zu kaufen, weisen dementsprechend aber auch einige Schwächen auf. 

Hochwertige BIA-Messgeräte arbeiten mithilfe mehrerer Frequenzen und liefern dadurch präzisere Werte. Erwähnenswert ist auch, dass eine Messung, die im medizinischen oder sportlichen Kontext erfolgt, häufig in kontrollierter Umgebung stattfindet und damit eine fachliche Begleitung sicherstellt. 

Portrait Dr. Matthias Riedl, grauer Hintergrund, er stützt sich auf einem grünen Quadrat ab, auf dem ein "D" steht
Dennoch ist eine Körperfettwaage für Zuhause durchaus sinnvoll, wenn es weniger um absolute Werte, sondern eher um Tendenzen innerhalb der Körperzusammensetzung geht.Dr. Matthias Riedl, Ernährungsmediziner, Diabetologe & ärztlicher Leiter des Medicum Hamburg

Günstige Modelle für Zuhause können das nicht gewährleisten und messen oft nur den elektrischen Widerstand in den Beinen. Da wir mit unserem Körper bei einer professionellen Messung eine Art Kreis bilden, indem Elektroden mit den Händen und Füßen verbunden sind, ist die Widerstandsmessung um Vieles genauer. 

Dennoch ist eine Körperfettwaage für Zuhause durchaus sinnvoll, wenn es weniger um absolute Werte, sondern eher um Tendenzen innerhalb der Körperzusammensetzung geht. Ersetzen tut die Körperfettwaage für Zuhause die Gerätschaften in medizinischen oder sportlichen Einrichtungen nicht.

Zusammenfassend ist also zu sagen, dass, wenn es sich um eine exakte und medizinisch korrekte Auswertung handelt, eine BIA-Messung im professionellen Kontext notwendig und daher unabdinglich ist.



Nicht nur Körperfettwaage können helfen

Weitere “Sparringspartner” für alle Menschen, die gerne ihre Gesundheitsdaten tracken oder ihren Lebensstil verändern möchten, sind beispielsweise Smart Rings oder Smart Watchs. Unter den Links finden Sie umfassende Vergleichstests von IMTEST.

Portrait Kathrin Schräer

Kathrin Schräer hat an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg Technikjournalismus studiert und ihr Studium als Diplom-Journalistin (FH) erfolgreich abgeschlossen. Anschließend sammelte sie nach ihrem Videojournalismus-Volontariat bei einem Lokal-Fernsehsender mehrere Jahre Erfahrung als Redakteurin bei einer Kölner TV-Produktionsfirma sowie in der Distribution einer Mediaagentur in Hamburg.
Seit 2022 arbeitet Kathrin bei IMTEST, wo sie überwiegend E-Bikes, Gravelbikes und E-Scooter testet, aber auch Zubehör wie Schlösser, Helme und Lichter werden von ihr auf Herz und Nieren geprüft. Als Expertin auf diesem Gebiet schreibt sie zu diesen Themen ebenso Ratgeber, News und Kaufberatungen.